Intervention in der Gesundheitsversorgung gegen Gewalt in Paarbeziehungen und sexuelle Gewalt

Interventionschancen in der Gesundheitsversorgung gegen häusliche und sexualisierte Gewalt erhalten seit Anfang 2000 in Deutschland zunehmend Beachtung. Das S.I.G.N.A.L. Interventionsprogramm war 1999 das erste Versorgungsprojekt im Gesundheitsbereich. Die meisten heute in Deutschland bestehenden Interventionsprojekte gehen auf dieses Programm zurück.

Sie finden auf den nächsten Seiten Materialien und Informationen des S.I.G.N.A.L. e.V. zur Intervention und Prävention von häuslicher und sexueller Gewalt.

Gesundheitliche Folgen von Gewalt 
Sexuelle Gewalt und Gewalt in Paarbeziehungen gehören weltweit zu den größten Gesundheitsrisiken für Frauen (vgl. WHO 2003, 2013). 
Zwei Drittel der Gewalttaten gegen Frauen geschehen im sozialen Nahbereich, in der Ehe und Partnerschaft. In Deutschland berichtet jede vierte Frau über mindestens eine körperliche Gewalterfahrung durch einen aktuellen oder früheren Beziehungspartner. Etwa jede siebte Frau berichtet über sexuelle Gewalterfahrungen (vgl. Schröttle et al., Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland, 2004).

Körperliche, psychische und sexuelle Gewalterfahrungen können die Gesundheit, das Gesundheitshandeln und die Gesundheitschancen der Betroffenen nachhaltig schädigen und beeinträchtigen. Wissenschaftlich beschrieben werden als häufige Folgen vor allem 

Körperliche Verletzungen wie Hämatome, Frakturen, Stich-, Biss- und Platzwunden, vorrangig im Kopf- und oberen Körperbereich. Die Verletzungen können bleibende Beeinträchtigungen der Seh- und Hörfähigkeit und der körperlichen Beweglichkeit nach sich ziehen. Nicht oder zu spät behandelt können sie zur Entstehung chronischer Schmerzsymptome beitragen. Im Extremfall führen die erlittenen körperlichen Verletzungen zum Tod.

Psychosomatische und psychische Störungen und Erkrankungen: Misshandlungserfahrungen können sich mittel- und langfristig in psychosomatischen und psychischen Störungen manifestieren bzw. zu ihrer Entstehung beitragen. Beschrieben werden in diesem Zusammenhang vor allem Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Angstzustände, Panikattacken, Depressionen, Essstörungen, Magersucht und posttraumatische Belastungsstörungen.

Gesundheitsschädigende Bewältigungsstrategien: Untersuchungen zeigen, dass ein hoher Anteil suchterkrankter Frauen und Männer über Gewalterfahrungen in ihrer Biographie berichten und vor allem Frauen auch aktuell Gewalt erleben. Medikamenten- und Drogengebrauch können ebenso wie Tabak- und Alkoholkonsum Reaktionen auf diese Erfahrungen sein.

Bedeutung der Gesundheitsversorgung 
Von Gewalt betroffene Frauen (und Männer) nehmen die Gesundheitsversorgung häufiger in Anspruch als nicht von Gewalt betroffene Personen. Nahezu jede medizinische Fachrichtung kann dabei einbezogen sein.
Mitarbeiter/innen der Gesundheitsversorgung sind häufig die ersten Außenstehenden, bei denen gewaltbetroffene Frauen (und Männer) Hilfe suchen. Sie können eine entscheidende Rolle einnehmen, wenn es darum geht Gewalt als Hintergrund oder Ursache von Verletzungen und Beschwerden zu erkennen, gezielte Unterstützung anzubieten und präventiv zu wirken.